Das Urheberrecht macht sich selbst überflüssig

dmca fail

Wie einige von euch sicher schon mitbekommen haben, hat Google in den letzten Tagen eine Vielzahl von Zensurwünschen der Copyrightindustrie veröffentlicht. Der am wenigsten schlimme Internetkonzern macht nämlich alle diese Link-Sperr-Wünsche öffentlich, damit wir wenigstens mitverfolgen können, was die Copyright-Industrie so treibt. Was aber ist daran erwähnenswert?

Die nach Eigenangaben Geistigen Grosseigentümer verlangten von Google nicht nur Links zu unlizensierten Quellen der von ihnen so eifrig verteidigten Werke, sondern auch zu ihren eigenen Angeboten, zu Wikipedia-Artikeln dazu oder zu Newsmeldungen mit ähnlich klingenden Titeln zu entfernen. Google wäre nach US-Gesetz (DMCA) eigentlich verpflichtet, diesen Forderungen nachzukommen.

Auch in Deutschland wird mit Urheberrecht quer durch dessen graue Randzonen Profit gemacht, indem professionelle Abmahnkanzleien unter Angabe von IP-Adressen Geld von Privatpersonen eintreiben. Nicht alle anwaltlich Bedrohten wehren sich, und das Ermittlen der IPs durch selbsternannte Internetdetekteien im fernen Ausland ist nicht teuer, so dass unsere Abmahnindustrie schöne Wachstumszahlen schreibt.

Die Urheber allerdings, Kultur- und Wissensarbeiter, gehen in beiden Beispielen leer aus. Weder werden sie besser bezaht, wenn ein Film nicht mehr von der Wikipedia verlinkt wird, noch, wenn sich Anwälte mit Drohungen leichtes Geld aufs Konto schieben lassen. Das Urheberrecht (ebenso wie das verwandte Copyright) bringt den Urhebern also nichts, sondern nur Dritten, Geschäftemachern und Konzernabteilungen.

Helft mir hier doch mal: Warum genau sollten wir das Urheberrechtsgesetz nicht einfach streichen? Weil dann auch die letzte Handvoll Urheber nichts mehr aus Verwertung verdient? Oder wäre es Zeit für ein radikal anderes Gesetz, das die Bedürfnisse der Allgemeinheit ebenso berücksichtigt wie die der Kultur- und Wissenarbeiter?

Ich denke, wir müssen endlich öffentlich zugeben, dass sowohl Urheberrecht als auch Copyright versagt haben, und dass wir etwas tun müssen, um parasitäre Geschäftsmodelle zu beenden, damit Kultur und Wissenschaft wieder aufblühen können.

techdirttorrentfreakboingboing

9 Gedanken zu „Das Urheberrecht macht sich selbst überflüssig

  1. Das Urheberrecht einfach zu streichen würde dazu führen, dass parasitäre Geschäftsmodelle (treffender kann man’s nicht bezeichnen!) noch besser funktionieren würden. Weil die Geschäftemacher dann völlig freie Hand hätten, sich einfach überall zu bedienen. Was in der Konsequenz wahrscheinlich dazu führen würde, dass niemand mehr bereit wäre, überhaupt noch originären Content zu produzieren (zumindest niemand, der die Sache ernst nimmt und dem Qualität und gute Recherche wichtig ist). Dann schafft sich nicht nur das Urheberrecht selbst ab, sondern gleich auch jegliche geistige (Neu-)Leistung. Übrigens sollten wir dann vielleicht auch mal anfangen, über das „industrielle Urheberrecht“ zu reden – die Patente, die ebenfalls immer mehr zu einem Fortschrittsverhinderungs-Instrument verkommen.
    Urheberrecht streichen? Nein! Aber gerne das Urheberrecht ersetzen durch ein neues Modell, das den heutigen Realitäten gerecht wird, Urhebern wieder eine realistische Chance gibt, mit ihrer Leistung auch Geld zu verdienen (sprich: bei ausreichender Leistung auch davon leben zu können) und der Werke der Allgemeinheit auf vernünftige und legale Weise zugänglich macht.
    Wie das genau aussehen kann? Keine Ahnung. Aber jedenfalls ist es keine Lösung, das Urheberrecht erstmal abzuschaffen und dann abzuwarten, ob irgendwem was dazu einfällt …

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      1. Tja, „Wir brauchen was besseres“. Für Einen der nur Antworten gibt, ist das aber sehr, sehr dünn. Entschuldige, aber diese Returkutsche kann ich mir jetzt nicht verkneifen. Und das obwohl ich ruhig sein wollte.

        Nicht einmal ich kenne eine akzeptable Lösung und das, obwohl ich mehr als 20 Jahre lang daran geforscht und nutzbare Strukturen gefunden habe. Alles auf dieser Welt sind Rückwirkungsprozesse, die sich leider unserem linearen Denken entziehen. Da aber mit dem „Kopiermist“ der Bogen schon überspannt wurde, muss er einfach weg. Allerdings ist die „Kopierindustrie“ schon auf dem Totenbett, sie will es nur noch nicht wahr haben. Hoffen wir mal, daß sie noch viel mehr Schaden macht, damit auch der Letzte mitbekommt, daß sie überflüssig, wie ein Kropf, ist.

        Ach ja, viel Spass noch mit dem Antworten geben.

        Sich wieder in’s Nichts verziehend…
        Nihilus

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    1. „Das Urheberrecht zu streichen….“ wäre das Beste, was uns passieren könnte. Aber schön zu sehen, welche Blüten Unwissenheit, gepaart mit Gier, so treibt.
      Ich hab einmal eine „Gesellschaft“ ohne diese „Rechte“ einmal ausprobieren dürfen und was soll ich sagen, man freut sich als Urheber….

      Bitte, bitte liebe Natur, walte deines Amtes und hol schleunigst alle illegalen DNA-Copien zurück, bzw. die, die ein Urber- und Kopierrecht fordern. Und das mit allerletzter Konsequenz.

      Danke Nihilus.

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      1. @Nihilus: Kannst Du bitte mal kurz beschreiben, warum sich Urheber ohne Urheberrecht freuen und wie sie von ihren Werken dann leben können? Ich meine die Frage nicht polemisch, sondern bin wirklich an einer ernsthaften Antwort interessiert.

        Wie Du Dir sicher denken kannst, bin ich „Urheber“, sprich: Ich versuche, von dem, was ich schreibe und produziere zu leben. Das hat nun wirklich nichts mit „Gier“ zu tun. Ich leiste Arbeit und will dafür Geld – ist das inzwischen unethisch? Dann aber bitte auch die Industrie dazu verpflichten, all ihre Produkte einfach zu verschenken!

        Das Einzige, was für mich im Moment noch den Unterschied zwischen Hungertuch und Verhungern ausmacht, ist ein gewisser Schutz meiner Werke durch das Urheberrecht … Ich bin offen für neue Lösungen, aber „einfach abschaffen“ sehe ich als gleichbedeutend mit einem faktischen Berufsverbot – wenn jeder meine Werke einfach nehmen kann, ohne dafür zu bezahlen, wovon soll ich dann leben?

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        1. „Kurz beschreiben“. Oha, was für eine irre Aufgabe. Meine 1700 Seiten in ein paar Worte zu packen, also dann:

          Analyse der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen

          – und –

          Kennst du den Unterschied zwischen Zwang und Freiwilligkeit?

          Ich vergaß noch deine Vor- Vor- Vor- Urheber zu erwähnen. Hast du sie denn an deinem Werk beteiligt? Ups, noch nicht? Oder gar nicht dran gedacht?
          Nichts, kein sogenanntes Kreatives Werk, keine Erfindung, entsteht aus dem Nichts. Es wird immer bekanntes neu kombiniert.

          Aber wie das so ist, man ist „kreativ“, weil man mit den Menschen nicht auskommt. Sprich man braucht dann einen, der das „Kreative“ dann „kreativ“ verkauft.

          Und der nimmt einen dann aus.
          Dumm gelaufen…
          Nihilus

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          1. @Nihilus: Sorry, das wird mir alles viel zu philosophisch und gesellschaftstheoretisch. Ob wir das Ding nun „Content“, „kreative Arbeit“ oder sonstwie nennen, ist doch erst einmal egal. Es geht darum, dass wir einen Teil der Menschen anders behandeln wollen als andere: Die einen produzieren Ware, die gegen Geld verkauft wird und niemand würde auf die Idee kommen, dass ich mir das im Supermarkt einfach ohne zu zahlen nehmen kann. Es steckt Arbeitszeit/Leistung dahinter und diejenigen, die es produziert haben, müssen davon leben.

            Die anderen, z.B. Musiker, Journalisten, Künstler produzieren eine andere Art von Ware (und da kommt’s wirklich nicht darauf an, ob Du das für kreativ oder originär hältst, weil wir bei physisch fassbarer Ware auch nicht zwischen wertig und minderwertig unterscheiden bei der Frage, ob man’s einfach so umsonst nehmen darf oder nicht). Diese urheberrechtsrelevante Ware wird ohnehin durch das vorhandene Urheberrecht schon anders behandelt – geschützt ist nämlich nicht alles, sondern nur das, was der Definition nach als wertvoll („Schöpfungshöhe“) betrachtet wird [lassen wir man außen vor, ob die Definition noch zeitgemäß ist; da bin ich ja bereit, drüber zu reden und etwas zu verändern; aber nicht einfach ersatzlos abschaffen!]. Der Punkt ist: Ein „Urheber“ verwendet ebenso Zeit und Leistung in die Produktion dieser „Ware“.

            Wo ist also der Unterschied? Das eine muss man bezahlen und das andere darf man sich einfach so kostenlos nehmen, nur weil man findet, dass man es einfach haben muss/will?

            Lindt-Schokolade ist wertvoll und muss bezahlt werden, A&P-Schokolade sind Mist und deshalb darf ich sie mir einfach kostenlos nehmen? Ist das Deine Sichtweise?

            Nochmal deutlich gesagt: Ein gesellschaftlicher Wandel tut dringend Not, wir müssen eine neue Grundlage für das finden, was als „Urheberrecht“ aktuell nicht mehr so funktioniert, wie das ursprünglich mal gedacht war.

            Aber ganze Berufszweige durch ersatzlose Abschaffung ihrer Kern-Rechte einfach zu eliminieren und ihnen die Lebensgrundlage zu entziehen halte ich für vollkommen absurd.

            Jeder weiß, dass unser Gesundheitssystem eine einzige verkorkste Katastrophe ist. Aber schaffen wird deshalb einfach mal schnell Ärztehonorare und Krankenkassen ab und schauen, wie sich das Ganze dann entwickelt und ob sich „neue Geschäftsmodelle“ „herauskristallisieren“? Natürlich nicht!

            Die Menschen, die bislang von Urheberrechten ihren Lebensunterhalt verdienen, dürfen nicht einfach ihrer Lebensgrundlage entzogen werden. Da müssen wir uns wirklich eine smartere Lösung einfallen lassen.

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    2. „dazu führen würde, dass niemand mehr bereit wäre, überhaupt noch originären Content zu produzieren“
      Zumindest niemand, der das wegen der Kohle tut. Die andere Sorte kann sowieso nicht anders. DIe produziert aus dem Bedürfnis heraus, sich auszudrücken. Allerdings wären diese Leute auch ziemlich beleidigt, wenn man die Früchte ihrer Arbeit als „Content“ bezeichnen würde.
      Ehrlich gesagt glaube ich langsam, ohne „Content“, im Sinne von „Produkt der gleichnamigen Industrie“ ginge es uns ungefähr um so viel schlechter, wie ohne Fast-Food, Billiglohn, Millionen-Dollar-Remakes alter Spielfilme und RTL2.

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