Der Dunning-Kruger-Effekt, die AfD und das Ende der Menschheit

Im Jahr 1999 veröffentlichten die Psychologen David Dunning und Justin Kruger ihre Zusammenfassung mehrerer Untersuchungen „Unskilled and Unaware of It: How Difficulties in Recognizing One’s Own Incompetence Lead to Inflated Self-Assessments“, in der sie zeigten, dass alle Menschen ihre eigenen Fähigkeiten und Kenntnisse zu einem Thema nur an eben diesen vorhandenen Fähigkeiten und Kenntnissen messen können. In anderen Worten: Wenn ich überhaupt keinen Plan habe, wie kompliziert eine Sache wirklich ist, halte ich mein eigenes Wissen für… gar nicht so schlecht. Das erleben wir täglich auf nahezu allen Gebieten. Beim Autofahren. Fremdsprachen. Sport. Gaming. Aber bis hierhin ist das alles noch lustig.

Wenn sich ein anderer zum Kasper macht, betrifft uns das nur extrem peripher, nicht wahr? Ganz anders aber ist der Fall bei allen sozialen Angelegenheiten gelagert. Wenn wir eine gemeinsame Entscheidung treffen sollen, obwohl uns allen die Fachkenntnis dafür mehr oder weniger fehlt. Sollen menschliche Organe gentechnisch in Tieren wachsen, damit Menschenleben gerettet werden können? Sollen Kohlenstoffnanoröhren in Alltagsprodukten eingesetzt werden, obwohl wir bisher nichts über ihre gesundheitlichen Folgen wissen? Sollen neuronale Netzwerke Sachbearbeiter, Richter, Politiker ersetzen, wenn sie zeigen, dass sie in der Lage sind, „vernünftige“ Entscheidungen zu treffen? Überhaupt: Wie wollen wir jeden Tag gemeinsam Tausende von Entscheidungen fällen, die das Leben von uns allen dann entscheidend beeinflussen können? Für genau dieses Problem haben wir die Lösung „repräsentative Demokratie“. Wir bestimmen gemeinsam Personen, die sich mit den Sachgebieten beschäftigen und dann stellvertetend für uns sachliche Entscheidungen finden. Und wie bestimmen wir diese Personen, die das tun sollen? Indem wir ihre Kompetenz prüfen? Oder auch nur ihre bisherigen Sach-Entscheidungen? Nein, tun wir nicht. Zum einen, weil es zu anstrengend ist; zum andern, weil wir überwiegend überhaupt keine Ahnung haben, wie kompliziert die jeweiligen Angelegenheiten sind, und wie kompliziert der ganze Kommunikationsvorgang ist, den wir benötigen, damit eine gemeinsame Entscheidung gefunden werden kann – es gibt nämlich so gut wie immer konträre Meinungen. Aber weil wir so tagsüber weder mit den einzelnen Fragen noch mit dem ganzen Diskussionsverlauf auch nur das geringste zu tun haben, glauben wir, dass eine mehr oder minder zufällig aufgeschnappte Meinung bereits alles ist, was man hierzu wissen muss. Und dass alle, die das anders sehen, eben blöd sind. Unfassbar blöd. So blöd, dass selbst einigermassen sanfte Gewalt gerechtfertigt ist, um der von uns glasklar erkannten Vernunft zu ihren natürlichen Recht zu verhelfen.

Ab hier wird dann die AfD gewählt, oder andere rechtsoffene Karnevalsvereine. Weil ja nur die eigene Meinung richtig sein kann und alle anderen eben zu ihrem Glück gezwungen werden müssen. Und wie kommen wir jemals aus diesem Schlamassel raus? Indem wir uns mit dem Gedanken vertraut machen, dass 1. die Welt zu unvorstellbar viel komplizierter ist, als wir uns das jemals, naja, vorstellen können, und dass 2. die Diskussion zwischen Vertretern unterschiedlicher Meinungen mit dem Ziel einer Einigung auf irgendeinen Kompromiss ebenfalls so kompliziert ist, dass die meisten von uns lieber auf der Stelle nach Hause gehen wollen, statt das Gespräch weiter zu führen. Ja, richtig, genau dabei kann uns die Forschungsarbeit von David Dunning und Justin Kruger helfen: Zu erkennen, dass wir nicht so richtig… alles können und wissen und uns deswegen langsam darauf (und auf andere) zubewegen sollten. Die oben skizzierte Alternative, nämlich das Ende der Menschheit als Folge kurzsichtiger kollektiver Fehlentscheidungen finde ich dagegen weit weniger spannend. Aber das könnt ihr natürlich gerne anders sehen.

22 Gedanken zu „Der Dunning-Kruger-Effekt, die AfD und das Ende der Menschheit

  1. Kurzer Kommentar zu „Repräsentative Demokratie“ und „bestimmen gemeinsam Personen“: wie Du weißt, bestimmen wir auf Bundesebene keine Personen, weil nur Parteien zur Wahl stehen. Damit ist derzeit die einzige „Person“, die man wählen kann, Martin Sonneborn, weil er eben alleine für „Die PARTEI“ steht. Ich würd’s wieder tun :)

    Gruß

    Thomas

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    1. Mmmmm… nee. Wir wählen die meisten Bundestagsabgeordneten direkt, und nur die Überhangmandate per Liste. Sonneborn ist trotzdem nett,

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  2. Die AfD als rechtsoffenen Karnevalsverein zu bezeichnen funktioniert nicht mehr Fritz, vor allem jetzt nicht wo mal wieder jeder sehen kann was für eine tolle Bereicherung die flaggenverbrennenden Araber in unseren Innenstädten für unsere Gesellschaft sind.
    Den Dunning-Kruger Effekt würde ich eher denen unterstellen, die sich immer noch für eine unbegrenzte Einwanderung aus muslimischen Kulturkreisen aussprechen.

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    1. Vielen Dank für dieses schöne Beispiel rechtsoffener Karnevalsargumentation. Ja, richtig, die Hassprediger und ihre Gefolgsleute behaupten erstens, es drohe eine unbegrenzte Einwanderung und rechtfertigen dann ihre lautstark formulierte Ablehnung derselben mit dem Hinweis auf die Auswüchse des innerpalästinensischen Konflikts. Ganz klar: Davidsternflaggen verbrennen geht in Deutschland nicht. Wegen der deutschen Geschichte. Deswegen gehen rechtsoffene Spinner ja auch nicht. Aus dem selben Grund.

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    2. Na ja, ausser den schäbigen Deals mit den Diktatoren und Warlords an den Aussengrenzen der EU sehe ich wenig bis keine Massnahmen, um die Migration dauerhaft einzuschränken.
      „Innerpalästinensischer Konflikt“ ist die brutale Verharmlosung des gesamtmuslimischen Judenhasses, der entgegen unserer historischen Verantwortung hier frei und fröhlich ausgelebt werden darf. Erdogan hat das jetzt ausdrücklich auf die Agenda aller Muslime gesetzt, und sie damit indirekt weltweit zum heiligen Chimpout aufgerufen.
      Muslime und Nazis trennt übrigens weniger als Du denkst, damals und heute.
      https://www.timesofisrael.com/full-official-record-what-the-mufti-said-to-hitler/

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      1. Jetzt mal im Ernst: Welche Einwanderung? Wir haben rund 600.000 Syrer im Land, die aber grossteils wieder gehen müssen, wenn der Krieg wirklich vorbei ist. Ansonsten bleiben die Schutzsuchenden tatsächlich so gut wie alle in den dreckigen Netzen der benachbarten Diktatoren hängen. Klar gabs immer wieder, und gibts sicher noch heute, Kontakte zwischen Nationalisten und Rassisten unterschiedlicher Länder. Da helfen uns Dunning und Kruger durchaus weiter, ungeachtet der Nationalität.

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        1. Nein, ich rede nicht von den 600.000 Syrern, sondern von den knapp 5 Millionen Muslimen in Deutschland, von denen der Großteil offen antisemitisch einzuschätzen ist, unabhängig von jeglichen aktuellen Entwicklungen im Mittleren Osten. Das anders zu sehen ist nicht Dunning-Kruger, sondern blanke Realitätsverweigerung.

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    3. @RR: tritt‘ mal ’nen Schritt zurück und guck Dir das aus größerer Entfernung an. Insbesondere Empfehlung: Entwicklung Palästinas. Ich meine, die haben nach und nach in den letzten Jahrzehnten ihr Land weggenommen bekommen. Ich wär da auch sickig, vor Allem, wenn dann Trump die Frechheit besitzt, das auch noch zu unterstützen. Vollkommen wurscht, daß es sich ausgerechnet um Moslems und Juden handelt. Wären das andere Völker und Religionen, wäre die Situation nicht anders. Man kann schon unterstellen, daß hier gezielt gezündelt wird, um rassistische Konflikte zu schüren. Dann kann man wieder prima auf die „Nazis“ schimpfen, das tatsächliche Problem verschwindet im Nebel. Und das ist auch so gewollt. Mach‘ Dich mal über die Mont Pellerin Gesellschaft schlau, dann bekommst Du eine Ahnung, um was es hier tatsächlich geht.

      Gruß

      Thomas

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      1. Ich antworte mir mal selbst, soll aber eine Ergänzung sein, weil hier mal wieder die AfD-Sau durch’s Dorf getrieben wird. Meine Meinung:
        1. Die AfD ist nicht die Lösung. Ich denke, da sind wir uns einigermaßen einig
        2. Die AfD ist nicht das Problem. Wirklich nicht.

        Gruß

        Thomas

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      2. Thomas, schau mal hier, das ist kein neues Phänomen mit dem Antisemitismus unter europäischen Muslimen. Das Bild spricht Bände.

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        1. Natürlich nutzen autoritäre Kräfte in den USA und Der EU die innenpolitischen Fehlleistungen Israels aus, um daraus Antisemitismus zu formen. Dem müssen wir uns entgegen stellen.

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      3. Thomas, nochmal an Dich, weil mich dein Kommentar immer noch ärgert. Erstens: Bevor ich mir das aus größerer Entfernung anschaue und über historisch gewachsene Konflikte anderer Nationen urteile, würde ich gerne das Augenmerk darauf legen, was momentan hierzulande passiert.
        http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/berlin-wedding-mitschueler-bedrohen-juedischen-gymnasiasten-a-1184733.html
        Eine Gesellschaft, die es aus reiner Konfliktscheuheit nicht schafft, ihrer erst kürzlich entstandenen historischen Verantwortung auch nur ansatzweise gerecht zu werden, hat für mich auf ganzer Linie versagt.
        Zweitens: Dein Hinweis, dass den Palästinensern das Land „weggenommen“ wird kann man so nicht stehenlassen. Einfach mal Sechstagekrieg auf Wikipedia nachlesen.
        „Unser grundlegendes Ziel ist die Vernichtung Israels. Das arabische Volk will kämpfen.“ Zitat Nasser, Präsident Ägypten, 1976.

        20% der Palästinenser sind übrigens inzwischen Israelische Staatsbürger, mit allen Rechten. So viel zum Rassismus in Israel.

        Meine ganz persönliche Meinung ist, dass die Palästinenser keinen Staat verdienen, und Israel Gaza einfach räumen sollte. Jede Gesellschaft, die massenhaft Kleinkinder als Selbstmordattentäter misbraucht hat für mich kein Recht, als Staat anerkannt zu werden.

        Ich weiss, dass das der Großteil der Pro-Pali-Propaganda-Opfer hier anders denkt, weil die deutschen Medien seit Jahrzehntendie gleiche dumme christliche David vs. Goliath Interpretation des Konfliktes liefern.

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    4. @ Thomas Ich kenne einige Sachen von Sonneborn und er mag ja auch gutes leisten aber seine Interviews bringen ihm auch einiges ein. Und damit meine ich nicht Geld.
      Er müsste sich die Leute noch ganz anders zur Brust nehmen.
      Er ist doch schliesslich Satiriker.

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  3. Würden hier tagelang deutsche Glatzköpfe ungebremst durch die Strassen marodieren und „Tod den Juden“ brüllen, dann würde der linke Teil der Gesellschaft wahrscheinlich zum gewalttätigen Widerstand aufrufen, zu Recht. Sobald das aber die von Erdogan gesteuerte versammelte muslimische Unterschicht durchzieht sind das nur unschöne Auswüchse des „innerpalästinensischen Konflikts“…

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    1. Nein Fritz, da gehören wir nicht dazu. Es gibt aber durchaus linke Gruppierungen, die sich hierzulande gut und gerne in eine Linie mit türkischen Nationalisten und der Hamas stellen, und in Berlin auch quasi symbiotische Beziehungen zu den Islamisten pflegen.
      http://jugendwiderstand.blogspot.com.es/
      Völlig verblendete Arschgeigen, als autonome Steigbügelhalter des Islamofaschismus würde ich die bezeichnen.

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