Wenn die Bundeswehr im Landesinneren aufmarschiert

Nämlich in Berlin, zur Netz-Konferenz re:publica. Die Streitkräfte unserer Bundes­re­pu­blik unterstehen ganz besonders klaren Regeln, die aufgestellt wurden, weil wir mit den direkten Vorgängerinnen der Bundeswehr, Wehrmacht und Reichswehr, besonders schlechte Erfahrungen gemacht haben. Beide haben den Schutz des Landes auf Anregung gerne auch so interpretiert, dass man ohne Zögern auch mal die Bürgerinnen und Bürger des grundsätzlich zu schützenden Landes ermordet. Und das wollen wir nicht. Aber das ist kompliziert.

Nach dem grossen, vaterländischen und zum Glück mit Pauken und Trompeten vor genau 73 Jahren, am 8. Mai ’45 verlorenen Krieg, verstand man das nationale Militär als Friedensstreitmacht, als reine Verteidigungseinrichtung für den Fall, dass der kalte Krieg heiss wird. Die jahrzehntelang schwelende Kriegsgefahr zwischen NATO und Wahrschauer Pakt wurde von Gorbatschow und anderen verantwortlich Denkenden beendet, so dass sich auch unser Militär neue Aufgaben suchen musste – irgendwas zwischen UN-Mandat, NATO-Bündnistreue und Wahrung welt­wirt­schaft­licher Interessen. Heute hat die Bundeswehr wegen wegggefallener Wehrpflicht Nachwuchsprobleme, dazu kommen Imageprobleme wegen weggefallener Legi­tima­tion seit dem Ende der Sowjetunion. Daher versucht sie, mit Werbung Nach­wuchs zu gewinnen; gerne auch technisch begabten, und hier konkret auf der jährlichen netzpolitischen Tagung re:publica. Nur dass die Veranstalter in einem Militär-Werbestand auf der knappen Fläche des Treffens keinen Sinn sehen, sondern eher auf die zahlreichen, vor militärischen Auseinandersetzungen ge­flohenen Gäste Rücksicht nehmen möchten. Daraus entwickelte sich eine Komödie, die aber genau so von der Titanic, dem Postillion oder Mitarbeitern Jan Böhmer­manns erfunden worden sein könnte. Nachdem die re:publica der Bundeswehr zwei mal mit Begründung abgesagt hatte, fuhr diese mit Einsatzfahrzeugen vor und liess uniformierte Soldaten Flyer verteilen und Gäste belästigen. Natürlich steigen in die folgende Social Media Diskussion die bekannten hochmotivierten Rechtstrolle ein. Die ganze Soap könnt ihr hier nachlesen. Und ja, sie zeigt sehr schön den Zustand unserer Republik und ihrer Einstellung zum Militär, so in einer Art ASCII-Polaroid (dieses Wort gibt es spätestens jetzt). Pic: Das Selbstverständnis der Bundeswehr als Computerspiel mit Blümchen, gemeinfrei, da von einem US-Soldaten geknipst.

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