Wenn die Sicke stirbt

Wer? Eine Sicke ist der Rand eines Lautsprechers, also des laut sprechenden Bauteils in einer Lautsprecherbox. Der Teil zwischen dem (bei Tieftönern/Bässen) papierenen flachen Kegel, der Membran, und dem Blech- oder Aluminiumkorb, der das ganze zusammen hält und an dem der Magnet befestigt ist. Da, wo die ganze Vor-und-zurück-Bewegung stattfindet. Bei Lautsprechern für Gitarrenboxen oder Beschallungsanlagen ist dieser Sickenrand aus behandeltem, festen Papier. Kleine Tieftöner wie auf den Bilder hier haben meistens eine Sicke aus Schaumstoff. Die ist nicht nur günstig in der Herstellung sondern auch weich und beweglich. Nachteil: „Wenn die Sicke stirbt“ weiterlesen

Abstrakte Muster aus der Luft

Die Brüder JP und Mike Andrews leben in Britannien, reisen aber (verständlicher­weise) viel herum und fotografieren mit ihren Drohnen die Welt von oben. Und machen dadurch für uns sichtbar, wieviele Muster aus dieser Perspektive zu sehen sind. Natürliche und menschengemachte. Überhaupt: Menschen lieben Muster. Wir sehen überall Muster. Auch da, wo eigentlich gar keine sind. Vielleicht hat das unserer Spezies geholfen, die Vorsteinzeit zu überstehen. Heute bringt uns diese Liebe zu Mustern und Wiederholungen tagtäglich in Schwierigkeiten. Die Bilder der Andrews‘ sind aber sehr schön, und wir können sie als Print auf ihrer Website erwerben, um sie dann in unsere Wohnung zu hängen: abstractaerialart via thisiscolossal pic c ip&mike andrews

Steampunk ist doch nicht tot

Als Cosplay-Kategorie verblasst Steampunk wieder, aber in der Literatur (ein­schliess­lich TV-Serien) blüht das Genre weiter. Die Verquickung von romantisiertem viktorianischem Zeitalter (Segelschiff, Dampflokomotiven, Arbeiterklasse im Elend) und Fantasy (Strahlenpistolen, Vampire, Feen, das Monster im Anderen suchen, nicht mehr im Kapitalismus) verströmt eine Hoffnung auf Sinnhaftigkeit in einer ansonsten unerträglichen Lebensumgebung. Oder wer von uns würde wirklich in diesen pittoresken, aber schrecklich unbequemen Klamotten rumlaufen wollen, in einer Welt, die noch weniger Rechte für Frauen, Arbeiter, Dunkelhäutige anbietet als unsere unbefriedigende Gegenwart. Aber als Buch oder Film: Zauberhaft. „Steampunk ist doch nicht tot“ weiterlesen

Wie man erfolgreich mit durchgedrehten Kindern spricht

Yeah. Letzter Schultag. Mission accomplished. Das waren 11 extrem gefüllte Monate als Schulbegleiter an einer lokalen Grundschule. Was ich gelernt habe: 1 Wenn man hypermotorische, aggressive Kinder fragt, was das Problem ist und wie man ihnen helfen kann, kriegt man meistens (nicht immer) schlüssige Antworten. 2 Kleine Fäuste sind ein wichtiges Kommunikationsmittel, die darf man nicht verbieten, und die kleinen blauen Flecken davon sind bald wieder weg. 3 In den ersten Monaten an der Schule dachte ich, ich hätte einen völlig neuen Lebensabschnitt betreten, nach Abschnitten als Musiker, Tontechniker, IT-Journalist, Politiker jetzt eben Schul­be­gleiter, also etwas sozialpädagogisches. Nein. Ich mach seit 30 Jahren dasselbe: Kommunikation. Deswegen klappt das inzwischen auch ganz gut. Tatsächlich hab ich so gut wie alle Probleme mit Kommunikation gelöst, mit Empathie. Nachdem der kindliche Wutanfall vorbei war. Manchmal mit Festhalten, damit das Rumpelstilzchen nicht sich oder andere verletzt (Erste Regel: Es darf kein Blut fliessen). 4 Die Grundschullehrerinnen (sind meist Frauen) haben meinen vollen Respekt. Was für ein Höllenjob, was für ein Enthusiasmus, was für eine Liebe zur Erziehung. Ich könnte diesen Job nicht machen. Aber den Job, den ich in den letzten 11 Monaten gemacht hab, den mach ich ab September wieder, dann an einer Mittelschule. Auch wenn ich mit der Gage meinen Lebensunterhalt nicht decken kann, aber der Job macht Sinn, und er macht mich glücklich. Beispielbild pixabay cc0

Der Traum der Fischerin

Yushi Li stammt aus China, lebt in London, studiert am Royal College of Art und fotografiert ihre Tinderdates. Nackt, beim essen, im Bad. Und enthüllt dabei Klischees wie im Titelfoto „Der Traum der Fischerin“, das sich auf den alten japanischen Tentakelsex-Holzschnitt „The Dream of the Fisherman’s Wife“ bezieht. Im Erklärvideo unten beschreibt sie einige ihrer Begegnungen mit „Wir haben es für die Kunst gemacht“. Nein, nicht das. Fotos. via mefi „Der Traum der Fischerin“ weiterlesen

The Expanse 4: Starttermin

Die beste SciFi-Serie der letzten Jahre geht in die vierte Staffel. In der dritten hatten sich buchstäblich die Tore zu neuen Sternen geöffnet. Jetzt muss die Menschheit damit klarkommen. Mittendrin die Besatzung der Rocinante. Und zwar ab dem 13. Dezember, nach dem alten Erdkalender. Unten ist ein zweiter Trailer. Mit Landung, woanders. „The Expanse 4: Starttermin“ weiterlesen

Notre Dame und die verschwundenen Spenden

Als am 15. April die Notre Dame Kathedrale in Paris brannte, war das Entsetzen der Weltöffentlichkeit grösser als über Millionen Tote im Jemenkrieg oder den Über­schwemmungen in Mozambique. Schnell drängten die Aristokraten der kapitalistischen Gesellschaft vor und versprachen Spenden für den Wiederaufbau, von gesamt über einer Milliarde Euro. Die Aufräumarbeiten an der Ruine sind in vollem Gang, allerdings können die Arbeiter nicht bezahlt, die Anwohner nicht medizinisch versorgt werden (Vergiftungsgefahr durch das verstreute Blei des Dachs). Die Spender, so erklärte ein Mitarbeiter der Notre Dame, würden ihr Geld nicht ausgeben „nur um Arbeiter-Gehälter zu bezahlen“. Sondern nur für besonders schöne Teile der Kirche, Restaurationsprojekte, deren man sich später rühmen kann. Ich würde mich nicht wundern, wenn diese Überheblichkeit und Arroganz früher oder später dazu führt, dass einzelne Mitglieder dieser Kaste zu Schaden kommen. guardian, apnews, pic milliped cc by sa

Alan Turing, als Banknote

Die Bank von England wird ab 2021 50-Pfund-Noten mit dem Bild des Mathe­matikers Alan Turing in Umlauf bringen. Er war einer der Väter der Informatik, half mit, den Weltkrieg gegen Nazideutschland zu gewinnen, indem seine Computer die Reichsverschlüsselungsscheiben knackten und beging 1954 Selbstmord. Wegen seiner damals auch im Grossen Britannien noch strafbaren Homosexualität wurde er zu einer Hormonbehandlung gezwungen, die ihn eine lethale Depression trieb. guardian, pic bank of england

Das Ende der Welt ist nahe

Nein, heute einmal nicht die Klimakalypse, sondern eine unerwartete Gelegenheit zur Schadenfreude: Der durch Hass und Hetze gross gewordene Axel-Springer-Verlag wird zu einem Anteil an die Heuschrecke KKR verkauft. Letztere will nun die (nach Eigenangaben) Tageszeitung Die Welt nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten beurteilen, was nichts anderes bedeutet, als dass es dem Zentralorgan unter­nehmer­ischen Selbstmitleids mit seinem unaufhörlichem Jammern auf Rekordhöhe an den Kragen geht. Verdient, denn das publizistische Feigenblatt des Bildungs­bürgertums hat es immer weniger hingekriegt, die anti-demokratische, autoritäre und klassistische Haltung der Verlagsbesitzer zu verstecken. Good riddance, wie der Lateiner sagt. faz (die auch nicht viel besser ist) pic matthias schindler cc by

Drone Wars, Autonome Autos und Digitale Geister

Inzwischen gibt es mehrere Untersuchungen, unter anderen durch Forscher der Ben Gurion Universität, die Autonome Autos als Zielscheiben für Anschläge durch Drohnen sehen. Nahezu unsichtbar schwirren die kleinen Plattformen elektronischer Kriegführung hinter selbstfahrenden Fahrzeugen und projizieren für eine Zehntel­sekunde digitale Geister, Hindernisse oder Verkehrszeichen und bringen den Bord­computer des Autos dazu, halsbrecherische und potentiell tödliche Fahrmanöver auszuführen. Weitere Eingriffsmöglichkeiten sind GPS-Spoofing und Stören der im autonomen Fahrzeug verwendeten Radarsysteme. Die Drohne verschwindet anschliessend unbemerkt, während auf der Strasse Dutzende von toten Menschen zurückbleiben. Der perfekte Terroranschlag. Willkommen in der Gegenwart. boingboing, bldgblog, bengurionU, pic Roman Koval cc0

Als die Sowjetunion den weltweiten CO2-Ausstoss um 7,6 Milliarden Tonnen senkte

Mit dem Ende der Sowjetunion im Jahr 1991 gingen Industrieproduktion, Wirtschafts­kraft und Fleischverbrauch drastisch zurück. Zuvor war Rindfleisch ein Haupt­be­stand­teil der Ernährung, danach wichen die Menschen auf andere Lebensmittel aus. Heute ist die weltweite Fleischproduktion für 14,5% des produzierten CO2 ver­ant­wortlich. Konsumiert wird dieser Fleischberg vor allem von der „Ersten Welt“, den Industrieländern. Das ist also einer der seltenen Fälle, wo eine Veränderung unseres Konsums direkte Wirkung hat: Je weniger Fleisch (und Milchprodukte) wir essen, desto weniger schnell überhitzen wir unseren Planeten. Jetzt noch schnell eine CO2-Steuer nach Schweizer und Kanadischem Vorbild (Steuereinnahmen werden gleichmässig an Haushalte ausgeschüttet), und wir haben eine Chance. Oder wir warten darauf, dass weite Teile unserer Erde für Menschen und Tiere unbewohnbar werden und zerstören den Rest in einem globalen Krieg. Das ist die andere Möglichkeit. nature, pic openclipart-vectors cc0

Minnesota: Zuschüsse für Bienen und Hummeln

Seit diesem Sommer bezahlt der US-Bundesstaat Minnesota Zuschüsse an Garten­besitzer, wenn Flächen so bepflanzt werden, dass sich Bienen und Hummeln dort wohlfühlen. Richtig, das ist nur ein Klacks angesichts des viel grösseren Problems. Die Erderwärmung und das Artensterben bekommen wir nicht in den Griff, wenn wir ein paar Wildblumenwiesenstücke mehr haben. Aber es ist ein wichtiger Schritt dahin, Wildwiesen, Wiederaufforstung und ein Ende der unbeschränkten Aus­beutung unseres Planeten als normal zu betrachten. Unsere Zivilisation hat es geschafft, in Sichtweite ihres eigenen Zusammenbruchs zu kommen. Ausser, wir machen sehr vieles anders. Deswegen ist es doch ganz gut, was in Minnesota passiert, und ich will das hier auch haben. smithsonian, pic skitterphoto cc0

Das Wort ist mächtiger als Superman

Lois Lane kommt zurück. Die Starjournalistin des Daily Planet und einzige Frau, die Intimes über Klark Kent weiss. DC-Comics hat gerade eine neue Serie dieser Publizistik-Superheldin aufgelegt, mit Unterstützung von Greg Rucka und Mike Perkins. Und lässt die Chance nicht ungenutzt, die Superfähigkeiten des Comic-Genres in der Alltagsrealität zu entfalten. Zu Beginn der Geschichte nämlich wird Lois aus einer Pressekonferenz im Weissen Haus geworfen und verliert ihre Zulassung für die präsidentialen Veranstaltungen, weil sie zu bohrende Fragen zu Konzentrationslagern für Flüchtlinge gestellt hatte. Was sie allerdings nicht davon abhält, weiter zu recherchieren und die neuen US-Faschisten als solche zu de­maskieren. Bravo. Hier die ersten Panels: „Das Wort ist mächtiger als Superman“ weiterlesen