Die Welt aus Sicht der Leute von jetzt

Wie leben im dritten Jahrtausend (einer random Zeitrechnung), und es gibt Leute, die in diesem Jahrtausend geboren sind. Also nach Y2K. Und für die ist konservativ das neue rechts. Stimmt natürlich, und ist auch schon länger so, aber aus Sicht der Gen Z ist das ein besonders krasses Problem. War es für mich übrigens auch, als ich 20 war, nur ist das schon ein paar Tage her. Richtig bizarr wird die Situation aber erst dadurch, dass die Post-Millennials heute gegen eine Generation (oder eher zwei) protestieren, mit der ich aufgewachsen, in die Schule, ins Büro, in die Kneipe gegangen bin. Und die jetzt nicht wahrhaben will, dass sie exakt denselben Mist baut wie die paar Generationen davor. Und dass wir Teile dieses Planeten unbewohnbar machen, wenn wir nicht sofort unsere Bequemlichkeitsreligion in die Tonne treten. Was wir, die 11k2-Community, natürlich gar nicht wollen. Naturkatastrophen, Rohstoffkriege, Epidemien. Nein, ich hab seit über 5 Jahren kein Auto mehr, war das letzte mal vor 10 Jahren in einem Flugzeug gesessen, esse ungefähr einmal pro Woche was mit Fleisch. Aber das reicht nicht. Jedesmal, wenn die FridaysForFuture vor meinem Haus vorbeidemonstrieren, geh ich runter und mache mit. Jedesmal, wenn jemand auf Facebook Klimaleugnerblödsinn erzählt, widerspreche ich massiv. Aber das reicht nicht. Am Ende wird es nur dann was mit der Zukunft für die Gen Z und die nachfolgenden, wenn wir uns alle zusammenschliessen und die obszöne Gier der Konzerne und ihrer Besitzer abschaffen. Durch politische Entscheidungen, die nur dann funktionieren, wenn „wir“ genügend viele sind. Wer macht mit? Selbst auf die Gefahr, dann von der Springerpresse als progressiv und das neue Linke gedisst zu werden? pic ist von mir und cc by sa

Vultures Of North

Ja, es ist Metal. Aber nicht, wie wir ihn kennen (Startrek Semiquote). Was Orbit Culture da hinlegen, ragt so baumwipfelhoch über andere aktuelle Metaltracks hinaus, dass ich vom ersten Mal hören an verblüfft bin. Ja, zunächst steht auch diese vierköpfige Gruppe von Liebhabern nordischer Mythologie knietief in Metal-Klischees (incl. Haareschütteln). Aber eben nicht tiefer. Und was sie in Vultures Of North verdammt richtig machen: Sie hämmern über 2 Minuten lang dasselbe Riff in die Nacht, bis mal der erste Akkordwechsel kommt: Einen verfluchten Halbton tiefer. So ungefähr der düsterste, nordischste und mythischste Akkordwechsel, der einem Gitarristen einfallen kann. Plus: Kein Todesgekreisch, kein „melodischer“ Gesang, keine Gitarrensoli. Nur ein brachiales Riff, das zum Ende hin einem unbehaglichen, bedrohlichen Ambient weicht und dann unausweichlich noch einmal aufschäumt. Was Orbit Culture damit musikalisch (oder kulturell) leisten, ist für mich durchaus mit Meshuggah vergleichbar, die ihrerseits dem Metal eine mythische Wiedergeburt als Djent schenkten. Ich hoffe, wir hören in Zukunft mehr monophonen Wahnsinn aus den offenbar endlosen, von gehörnten Monstren durchstreiften nordischen Wäldern. via revolver

Shark Side of the Moon

Wie aufregend! Asylum, das Filmstudio mit den billigsten Computeranimationen des globalen Nordens, schenkt uns ein Epos um Superhaie, die auf der Rückseite des Mondes leben. Ich bin jetzt momentan etwas verunsichert, was unterhaltsamer ist. Auf der Mondrückseite. Nazis oder Haie? Die Kreaturen in Shark Side of the Moon sind natürlich genetisch erzeugte Supersoldaten aus einem russischen Biolabor (war klar), die aber aus Russland auf die Mondrückseite geflohen sind (verständlich). Beim Eintreffen eines us-amerikanischen Forschungsshuttles geht es dann (natürlich) darum, dieses zu kapern, zur Erde zurück zu fliegen und dort (was auch sonst) die Weltherrschaft zu erringen. Ich glaube, ich will gar nicht wissen, wie das ausgeht, ich werd mir das Machwerk sowieso ansehen, als harter B-Movie-Fan, der ich bin. via metafilter

Collapse Culture: Drag Your Coffin My Lord

Collapse Culture ist einerseits eine US-amerikanische neurechte Endzeitfantasie vom Zusammenbruch der Zivilisation (weswegen man dann wahrscheinlich Waffen kaufen und Leute erschiessen muss), und das ist eher unlustig – und andererseits ein cooles, nordkalifornisches Dub-Duo. Nun läuft Dub gerne in Gefahr, in trüben Ganja-Wolken die Orientierung zu verlieren und dabei über die eigenen Echoschleifen zu stolpern – nicht so in diesem Fall. Collapse Culture halten Kurs, indem sie Industrial, Wave, Elektro, IDM mit verwenden. Gute Idee. Hört euch den Vorab-Track Nuclear Semiotics vom Album Drag Your Coffin My Lord an, das Mitte September rauskommt. via treble

Im WordPress Dschungel

Um diesen Dschungel zu durchqueren, hab ich inzwischen rund einen Arbeitstag verpulvert. Ich fühl mich schon fast wie Kara Ben Nemsi im Wilden Westen. Und das ging so: Wie ihr wisst, hab ich Ende Juno beschlossen, das alte WordPress-Theme meines kleinen Blogs von 2008 durch ein neueres zu ersetzen, das dann von Automattic, dem WordPress-Entwickler, auch weiter unterstützt wird. Das waren schon mal ein paar Stunden vergleichen, rumklicken und rausfinden, was sich mit der neuen Generation Themen machen lässt. Schliesslich hat mir Capoverso gut gefallen, die Farben sind da hübsch. Winziges Problem: Das Thema hat kein Menü auf Mobilgeräten. Das bedeutet, das Impressum lässt sich nicht aufrufen. Zufällig Hereinsurfende wissen also nicht, wer das macht und warum. Oh nee. Also gestern ein anderes, das zwar auch gut aussieht, dafür aber weder Hashtags noch sonst irgendwas unter den Beiträgen anzeigt. Auch nicht. Also doch das Colinear-Theme und ausführliches Schrauben, bis es so aussieht wie jetzt. Klar geht alles noch eine Nummer intensiver, mit einem selbstgehosteten WP-Blog hätte ich noch mehr Möglichkeiten, würde dafür aber noch mehr Zeit verballern. Irgendwas ist immer, nee? Wie findet ihr, dass 11k2 inzwischen aussieht?

Bitchin Bajas: Amorpha

Minimal-Drone-Trio Bitchin Bajas hat seit 2010 bereits 10 Alben raus, der Track hier ist vom neuen, elften: Bajascillators. Grossartige Kombi aus Steve Reich, prä-techno Kraftwerk, Mouse on Mars, leichte, angenehme Drogen, akustische Instrumente, stundenlanges Geblubber. Sehr schön. via treble

Naloxon aus dem Automaten

In Austin, Texas, Menchaca Road 4430 steht der ersten Naloxon-Automat (Handelsname des Medikaments ist Narcan), um jederzeit kostenlos ein Gegenmittel bei Opiat-Überdosis bekommen zu können. Finanziert wird der Automat vom NICE-Projekt, auf Basis von Spenden. Das Projekt betreibt auch weitere Einrichtungen dieser Art, wie Spritzentausch und Drogenberatung. Warum machen wir das nicht auch, wir könnten damit Leben retten? Weil hierzulande das Problem gesamtgesellschaftlich verdrängt wird. Opiate (und andere Drogen) sind kriminalisiert, selbst kostengünstige Hygienemassnahmen (Spritzen) und Naloxonabgabe werden durch die politischen Entscheider behindert. Wie ihr wisst, hatte ich 5 Jahre lang ein Kommunalmandat und dabei diese bürgerlich-konservative Realitätsverweigerung hautnah erleben müssen. Dieselbe Realitätsverweigerung legt unsere Wohlstandsgesellschaft übrigens auch gegenüber dem Alkohol an den Tag, mit 9 Millionen Menschen in dauerhaftem Alkoholmissbrauch, davon 3 Millionen Abhängige, über 70.000 Tote jährlich. Wir müssen mit diesem Problem anders umgehen. via boingboing, pic n.i.c.e.

Die Nationale Republikanische Armee gegen Putin

Wie die ukrainische Newswebseite The Kiyv Independent unter Berufung auf den früheren russischen Duma-Abgeordneten Ilya Ponomaryov berichtet, hat sich die bisher unbekannte russische Gruppe National Republican Army zum Attentat auf die politisch aktive Tochter des Putin-Ideologen Alexander Dugin bekannt. Die Gruppe sagte auf Twitter: „Wir erklären Präsident Putin zu einem unrechtmässigen Machthaber und Kriegsverbrecher, der die Verfassung verfälschte, einen Bruderkrieg zwischen slawischen Völkern entfachte und russische Soldaten in einen unausweichlichen und sinnlosen Tod schickte“. Das wäre eine neue Entwicklung. Inzwischen scheint Putin seine Propagandaanstrengungen zu Ukraine und Energiewende auch in Deutschland massiv zu verstärken. Die selbstbenannten Querdenker und die menschenfeindliche Afd bilden hier die fünfte Kolonne. Quellen dazu: faz, swr, mdr das pic zeigt Putins Vorbild, Zar Peter den Grossen, gemalt 1717 von Jean-Marc Nattier, also pd

Das Land ohne Krise

Es gibt ein Land ohne Klimakrise, ohne Corona, ohne Wirtschaftsprobleme, ohne Sorgen. Ich war da neulich, mit dem 9-Euro-Ticket. Das Leben dort scheint anders zu sein als in der von mir bewohnten urbanen Dauerproblemzone: Die Sonne scheint, Leute fahren in Segelbooten hin und her, alle schlendern langsam durch die Gegend, es gibt keine Probleme. Nur bekommt man zwischen 14 und 17 Uhr nichts zu essen, weil man in einem oberbayrischen Kaff herumsteht. Warum ist das alles erwähnenswert? Weil es die Situation in unserem Land so pittoresk beschreibt: Ein Teil der 83 Millionen Menschen hier lebt in einer Parallelwelt mit Sonne und Segelbooten, ohne Wasserknappheit oder materielle Sorgen. Mag sein, dass einzelne der an diesem Tag am See chillenden Leute sehr wohl Sorgen kennen, das ist nicht der Punkt. Tatsächlich aber steuern wir gerade gemeinsam in eine nahe Zukunft, in der ein normales Leben (mit anständigem Essen dreimal am Tag plus andere Mindestanforderungen des Alltags) nicht mehr für alle finanzierbar ist, das von einer potentiell tödlichen Epidemie bedroht ist (immer noch 200 Tote täglich, immer noch ein Viertel der Bevölkerung nicht geimpft), das für die nächste Generation riesige Flüchtlingswellen und wahrscheinlich Kriege bereithält, weil dann ganze Länder wegen Überhitzung oder Überflutung evakuiert werden müssen. Der Punkt ist auch nicht, dass sich an diesem Tag am See ein paar Leute einen schönen Tag machen, was sie ja auch sollen, sondern dass immer noch sehr viele Leute sich weigern, die anstehenden, riesigen, gemeinsamen Probleme überhaupt zu sehen. Wer wählt denn diese FDP, die Unionsparteien, die lächerliche Afd, wer setzt denn auf eine seit 150 Jahren vor sich hin schlafende SPD? Das ist zusammengerechnet die Bevölkerungsmehrheit, die einfach so tun möchte, als ob alles prima wäre und zwar für immer. Ok. Aber dann beschwert euch nachher nicht, wenn es auch für euch bitter wird. Was genau diese Mehrheit aber tun wird, und die Schuld bei anderen suchen. Vorsorglich erkläre ich an dieser Stelle: Ich kann nichts dafür. Im Gegenteil. Told you so. pic von mir cc by sa

Batterien werden billig und schnell: Aluminium-Schwefel

Das zentrale Hindernis für die Energiewende – die wir dringend beschleunigen müssen, wenn nicht Teile unseres Planeten in einigen Jahren unbewohnbar werden sollen – ist die Speicherung des regenerativ erzeugten Stroms. Bisher setzt man da vor allem auf Lithium-Ionen-Akkus, die aber teuer sind und nur langsam aufladen. Natürlich wird nach neuen Technologien geforscht, jetzt hat ein internationales Team von Wissenschaftlerinnen die Entwicklung eines Aluminium-Schwefel-Akkus vorgestellt. Die Elektroden sind dabei aus Aluminium und Schwefel, zwei sehr verbreitete und damit preisgünstige Baustoffe, der Elektrolyt ist ein geschmolzenes, etwa 110° C heisses Salz. Diese Elektrolytkammer ist nicht gross, kann gut isoliert werden und verbraucht damit kaum Energie. Der grosse Vorteil dieser Technik ist, dass damit schnell-ladende Batterien aus umweltverträglichen Stoffen sehr billig hergestellt werden können. Ab hier sollte es keine Argumente gegen die Umstellung auf rein elektrisch betriebene Fahrzeuge – und Haushalte – mehr geben. nature via ars technica, pic andreas160578 cc0

11k2: Das Blog aus der Bronzezeit

Ehrlich, das 11k2-Blog hat am 23. August 2008, also vor 14 Jahren, seinen first post bekommen. Und 2008 war noch digitale Bronzezeit: Das iPhone wurde erst ein Jahr davor vorgestellt, das Android OS erst einen Monat nach dem 11k2-Start. Internet war damals also noch etwas für Desktop-PCs oder höchstens Laptops mit begrenzter Akkulaufzeit. Heute ist das alles anders, heute wird das WWW zu über 80% von Mobilgeräten (Handys und so) aus benutzt. In den gesamten 14 Jahren habt ihr, werte Leser:innen, die Seiten dieses Blogs 5.149.222 mal aufgerufen, bei 792.836 Besuchen. Und dabei die 8.678 Beiträge 32.423 mal kommentiert. Wobei die aufregendsten Jahre natürlich 2012 und 2013 waren, als ich noch hyperaktiv in der Piratenpartei war und pro Tag bis zu 11 Beiträge postete. Jetzt mal direkt gefragt: Wie habt ihr den Unterschied erlebt, diese Epochenwende von altem zu neuem (mobilen) Internet, vom „Internettagebuch mit Katzenbildern“ zu einer Verlinkungsmöglichkeit für Soziale Plattformen? Ich erlebe schon auch, dass die Kommunikation zwischen Leuten, die publizieren und Leuten, die rezipieren, inzwischen nur noch auf den social media abläuft, genauso wie überhaupt das ganze Internet. Weil es einfacher ist, was ja für sehr viele Leute ein zentrales Argument darstellt. Wahrscheinlich gibt es heute genausoviele Nerds mit HTML-Kenntnissen wie 1994 und genausoviele Webseitenbetreiber wie 2008, aber dazu sind eben alle anderen gekommen, die zuvor eher Tageszeitungen in leichter Sprache oder Fernsehnachrichten mit lustigen Bildern gewohnt waren. Und wahrscheinlich ist es in 14 Jahren, also 2036, wieder ganz anders. Aber das sehen wir ja dann. Das Pic ist von Jonas Löwgren und cc by sa

South Of The Circle

Peter Hamilton ist Klimaforscher, hat aber das Pech, in der Ära der Kalten Kriegs zu leben, in der alles nach Ost und West eingeteilt wird. Das Interaktive-Film-Game South Of The Circle erzählt seinen Überlebenskampf nach einem Flugzeugabsturz in der Antarkis, und erklärt vieles daran mit seinen Erinnerungen an seine Kindheit, die Cambridge-Universität und seine Freundin. Die Dialogoptionen bestehen eher aus Emotionen als aus Sätzen, die vom Spieler ausgewählten Reaktionen beeinflussen den Spielverlauf aber wenig, an manchen Stellen ist es ein Point-And-Click-Adventure, und der Protagonist will hier und da durch gefährliche Situationen gesteuert werden. Die Story ist spannend und einfühlsam erzählt und voller Rätsel, das Ende allerdings abrupt und ernüchternd. Ich hab mir das Game gestern gekauft, weil mir die Grafik so gut gefallen hat, und das Setting auf dem Südpolkontinent. Abschlussnote: Fünf von fünf Schneeflocken, allerdings einen Pinguin-Fussabdruck Abzug wegen des zu schnell erzählten Endes. Im Ganzen ein wundervolles, relaxtes Game für einen oder zwei Abende.

Luggage: Happiness

Minimale Gitarren aus Chicago. Luggage haben schon vor einem Jahr ihr drittes Album Happiness veröffentlicht. Aber wann soll man die ganze grossartige Musik entdecken, ausser, wenn man Ferien hat, und genug Zeit, um auf Bandcamp herumzuklicken? Aufgenommen in Steve Albinis Electrical Audio Studio, irgendwie typisch melancholischer Mid-West Post-Noise. Hört es euch selbst an.