Die Klimakrise und ihre Kippunkte

Zuerst die gute Nachricht: Wir haben unseren Planeten noch nicht unbewohnbar gemacht, und es ist möglich, dass wir das auch nicht tun werden. Noch eine gute Nachricht: Die Klimatologie wird immer präziser, wir wissen immer genauer, welche zusätzliche Erwärmung der Atmosphäre durch Einleiten von Klimagasen zu welchen neuen Problemen führt. Zu den echten Problemen der Kilmakrise gehören die Kipppunkte, also Temperaturen, die ihrerseits globale Prozesse auslösen, die dann noch mehr Probleme mit sich bringen. Ab der im Pariser Klimaabkommen festgeschriebenen (und bisher nicht konsequent beachteten) Grenze von 1,5 Grad dürfte nach aktuellem Forschungsstand bereits grosse Eismassen in der Antarktis, der Insel Grönland und Hochgebirgen wie dem Himalaya, den Anden und den Alpen abschmelzen. Das führt nicht nur zu Überflutungen in Küstenregionen, sondern auch zu Wassermangel in landwirtschaftlichen Gebieten, wie in diesem Sommer in Frankreich oder Italien zu sehen war. Da wir mit Erreichen oder Überschreiten der 1,5 Grad auch die Alpengletscher loswerden, steht auch Deutschland vor ausgedehnten Trockenperioden. Je höher die globale Durchschnittstemperatur steigt, desto mehr dieser Kipppunkte werden ausgelöst und weitere Naturkatastrophen folgen. Und die letzte gute Nachricht: Wir können es schaffen, von einer globalen Katastrophe verschont zu bleiben, indem wir aufhören, Fossilstoffe zu verbrennen (Sonne, Wind und Wellen bieten genug Energie) und riesige Massen von Tieren zur Fleischerzeugung zu züchten. Der Nachteil dieses Plans: Die Fossilindustrie muss sich neue Geschäftsfelder suchen (die Fleischindustrie auch). Für uns, im Alltag, würde sich durch modernere Technik aber wenig ändern. Die zitierte Studie findet sich in der Publikation Science. pic LuisValiente cc0

The Peripheral: Ist Cyberpunk noch zeitgemäss?

Oder anders gefragt: Ist William Gibson noch zeitgemäss? Wahrscheinlich schon, aber anders, als wir bisher dachten. The Peripheral ist ein Roman aus der Schreibmaschine des grossen, alten Cyberpropheten, der aber auch in seiner anstehenden Verfilmung ohne Keanu Reeves auskommt (welcher übrigens in John Wick um Terabyte besser dasteht als in Matrix) und zum Oldschool-Cyberpunk einiges an Film Noir und Mystery draufpackt. Analog ist die zentrale Figur das junge, blonde Landei Flynne Fisher (Chloë Grace Moretz haben wir u.a. in der Hauptrolle der Carrie-Neuverfilmung gesehen), die über ihren Bruder, einen Marines-Veteranen an supergeheimes Cyber-Equipment kommt (Ja, es regnet sattsam bekannte Trophen). Was Anfangs wie eine jüngere, blondere Version von Johnny Memnonic wirkt, kippt dann in einen Zeitreisethriller mit Post-Apokalypse-Zitaten um. Der Trailer sieht schick aus, und bei der Produktion wirkten die Leute hinter der Westworld-Serie mit. Das heisst, man muss sich dann wohl ein paar Folgen ansehen, um zu wissen, ob es nicht doch wieder eine wirre Story voller Klischees wird. Grundsätzlich mal hab ich schon 2003 mit Pattern Recognition aufgehört, William Gibson zu lesen, weil ich seine aufgeplusterte, in Rekursivität watende Spache nicht mehr ertragen habe. Ähnlich ging es mir mit der Serie Westworld ab Beginn der zweiten Staffel. Zu wirr. Mir ist der Meatspace bereits kompliziert genug, da schätze ich es, wenn wenigstens der Cyberspace schlüssig erzählte Geschichten bietet. Zu sehen ab Ende Oktober in einem Internet in deiner Nähe.

CanSino: Corona-Impfung als Nasenspray

Convidecia, ein Corona-Impfstoff zur Anwendung als Nasenspray, ist aktuell zur Anwendung und zum Export zugelassen worden. Der Wirkstoff besteht aus veränderten Erkältungsviren, funktioniert also ähnlich wie die Produkte von AstraZeneca oder Johnson&Johnson. Mit einem einzigen, selbst verabreichten Spraystoss erreicht der Stoff in klinischen Tests 66 % Wirksamkeit gegen Coronasymptome und 91 % Schutz vor einer schweren Covid-Erkrankung. Damit erreicht das Mittel nicht ganz die Wirksamkeit moderner Impfstoffe von Biontech oder Moderna, sollte aber weit besser vor dem hochansteckenden SarsVov2-Virus schützen als… garnichts. Hierzulande sind seit Anfang 2020 fast 148.000 Menschen an Covid 19 gestorben, die Zahl täglicher Todesfälle hat sich durch eine Impfquote von über 75 % inzwischen auf rund 100 „verringert“, immerhin nur noch entsprechend eines abgestürzten Verkehrsflugzeugs alle 2 bis 3 Tage. Ob ein Nasenspray das Vertrauen ängstlicher und von Propaganda verunsicherter Bundesbürger:innen gewinnen kann, bleibt abzuwarten. bloomberg, pic cansinotech

Klimakrise: Hagel wird grösser

Francis Lavigne-Theriault, Forscher im Northern Hail Project der Western University, Ontario, Canada, beschäftigt sich mit der zunehmenden Grösse von Hagelkörnern in den letzten Jahren. Die grössten aktuell in Nordamerika gefundenen Hagelkörner haben über 10 cm Durchmesser und ein Gewicht von knapp 300 Gramm. Wo die faustgrossen Eisklumpen einschlagen, nimmt der Hagelschaden extreme Ausmasse an. Die Versicherungswirtschaft meldet bereits Rekordansprüche. Der grösste, jemals in Nordamerika gefundene Hagelklumpen wog allerdings knapp 900 Gramm bei einem Durchmesser von 20 cm. Die Entwicklung bleibt nicht auf Nordamerika beschränkt, in Katalonien, Spanien, kam am 30. August ein Hagelsturm mit bis zu 12 cm grossen Eisklumpen nieder, ein Kind wurde getötet, 67 Menschen verletzt. Auch andere Kontinente berichten ähnliches. Wir müssen uns klarmachen, dass die Überhitzung der Atmosphäre durch CO2 und Methan bisher unbekannte Wetterphänomene erzeugt. westernu, myscience, essl, pic Western University

Was passiert mit den alten Solarzellen?

Solarzellen oder Photovoltaikanlagen sind ein beliebtes Ziel der Desinformation. Es gibt tatsächlich Leute, die diese wertvollen Energieerzeuger für Sondermüll halten, der früher oder später unseren Planeten vergiftet. Diese Propagandabemühungen der Fossilenergiekonzerne stehen allerdings auf… gar keinen Füssen. Grundsätzlich bestehen PV-Zellen aus Silizium, einem verbreiteten und ungiftigen Mineral, plus geringen Mengen seltener Metalle, die auch keinen Schaden anrichten – wenn sie denn jemals auf einer Müllkippe landen würden. Was nicht der Fall ist, weil gebrauchte Solarzellen, selbst wenn sie durch Alterung oder Hagel einen Teil ihrer Leistung verloren haben, in den Entwicklungsländern reissenden Absatz finden und dort heute schon vielen Millionen Menschen Zugang zu Elektrizität verschaffen. International tätige Solarzellenbörsen haben zu jedem Zeitpunkt über 10 Millionen PV-Tafeln im Angebot, in der „Dritten Welt“ holen diese Second-Hand-Sonnenzellen Menschen aus der Armut. via bloomberg, pic Thomas Oettinger cc0

Gleichberechtigung in der Kunst: Fail

Frauen werden doch bei uns heute gar nicht mehr benachteiligt. Sagen zumindest Männer immer wieder (not all men, aber viele). Aha. Und ausserdem gibt es harte Zahlen, die das Gegenteil zeigen. Helen Gorrill (Doktor der Kunstgeschichte am Royal College of Art), Autorin des Buchs „Women Cant Paint“, verglich 5000 Kunstverkäufe rund um den Globus und fand, dass von Männern hergestellte Kunst durchschnittlich 10 mal so viel kostet wie die von Frauen. Das gilt quer durch den Kunstmarkt, vom teuersten jemals verkauften Kunswerk (daVinci) über das teuerste von noch lebenden Künstler:innen (Jeff Koons) bis zum Tagesgeschäft der Art Fairs. Und das, obwohl 70% der an Kunstakademien Studierenden weiblich sind. Das kann man(n) natürlich ganz einfach erklären mit „Frauen können eben nicht malen“ (Georg Baselitz, 2015). Was für ein bizarrer Quatsch, oder? Die andere, schlüssige Erklärung ist, dass die meisten Käufer von Kunst eben männlich sind, und von Männern gemalte Kunst bevorzugen, weil sie im Grunde ihres kleinen, ängstlichen Herzens glauben (oder behaupten), dass Männer alles besser können. Was nachweislich nicht der Fall ist. Statt dessen: glass ceiling, gender pay gap. Und jetzt? Was machen wir jetzt? via guardian, das pic ist von Daniela Kammerer, eine der kontemporären underrated Künstlerinnen hierzulande.

Die 100 schlimmsten Feinde unseres Planeten

Weltweit sind 100 Konzerne verantwortlich für über 70 % der CO2-Emissionen. Hier ist eine Weltkarte mit den CEOs dieser Unternehmen. Die Länder sind in der Grösse ihrer weltweiten Verschmutzung dargestellt, also dem Klimaschaden, der von den Konzernzentralen ausgeht. Einer der hier blossgestellten CEOs, Nick DeIuliis vom Erdgaskonzern CNX, versuchte bereits, das Freiwilligenprojekt Decolonial Atlas auf Löschung seiner Namensnennung zu verklagen und scheiterte damit vor einem Federal District Court in New York. Schlimmster deutscher Feind unseres Planeten ist übrigens Markus Krebber, Nachfolger von Rolf Martin Schmitz und Vorstandsvorsitzender des Energieriesen RWE. Das ist der Konzern, der bis heute in Nordrhein-Westfalen (unter anderem) ganze Dörfer und Wälder wegreissen lässt, um noch mehr klimakillende Braunkohle abbauen zu können. Lützerath muss bleiben, die RWE kann weg.

USA: Mehr Marijuana als Tabak

In den USA haben noch nicht alle Bundesstaaten den Konsum von Marijuana legalisiert. Aber trotzdem zeigt eine aktuelle Gallup-Umfrage, dass dort inzwischen mehr Menschen Marijuana als Tabak rauchen (16 zu 11%). Bereits dieser geringe Anteil zeigt positive Wirkung, so verzeichnen Bundesstaaten, in welchen Marijuana freigegeben ist, deutlich weniger Verkehrsunfälle. Kein Wunder: Viele, vor allem jüngere Leute nutzen dann lieber Ganja statt Alkohol und sind bekifft weit fahrtüchtiger als betrunken. Inzwischen diskutieren hierzulande die Entscheidungsträger über Grenzwerte und Rechtsnormen, statt den Hanf einfach freizugeben. Deshalb nochmal: Das Betäubungsmittelgesetz ist falsch und richtet nur Schaden an, es muss abgeschafft werden. Der notwendige erste Schritt in die Zukunft ist hier die bedingungslose Freigabe von Hanfkonsum. Peace. npr via slashdot, pic dea pd