Gleichberechtigung in der Kunst: Fail

Frauen werden doch bei uns heute gar nicht mehr benachteiligt. Sagen zumindest Männer immer wieder (not all men, aber viele). Aha. Und ausserdem gibt es harte Zahlen, die das Gegenteil zeigen. Helen Gorrill (Doktor der Kunstgeschichte am Royal College of Art), Autorin des Buchs „Women Cant Paint“, verglich 5000 Kunstverkäufe rund um den Globus und fand, dass von Männern hergestellte Kunst durchschnittlich 10 mal so viel kostet wie die von Frauen. Das gilt quer durch den Kunstmarkt, vom teuersten jemals verkauften Kunswerk (daVinci) über das teuerste von noch lebenden Künstler:innen (Jeff Koons) bis zum Tagesgeschäft der Art Fairs. Und das, obwohl 70% der an Kunstakademien Studierenden weiblich sind. Das kann man(n) natürlich ganz einfach erklären mit „Frauen können eben nicht malen“ (Georg Baselitz, 2015). Was für ein bizarrer Quatsch, oder? Die andere, schlüssige Erklärung ist, dass die meisten Käufer von Kunst eben männlich sind, und von Männern gemalte Kunst bevorzugen, weil sie im Grunde ihres kleinen, ängstlichen Herzens glauben (oder behaupten), dass Männer alles besser können. Was nachweislich nicht der Fall ist. Statt dessen: glass ceiling, gender pay gap. Und jetzt? Was machen wir jetzt? via guardian, das pic ist von Daniela Kammerer, eine der kontemporären underrated Künstlerinnen hierzulande.

Sugar Daddy als feministische Hymne

Die US-Hiphop-Artistin Qveen Herby schlüpft in diesem Song in die Rolles eines „Sugar Babes“, also einer jungen Frau, die ihre Attraktivitäten für sehr viel Geld an einen einzigen Mann verkauft. Also gleichzeitig eine Form von Prostitution und eine Form weiblicher Selbstbestimmung – schliesslich hat sie in dieser Rolle deutlich mehr Kontrolle über sich selbst als etwa in einer wirtschaftlich begründete Ehe. Diese Selbstbestimmung führt Herby auch im real life durch: Sie veröffentlicht ihre Songs ohne Label oder Verlag, ist also völig independent. Ich denke, so funktionieren role models heute: „the bitches wanna judge me, but i don’t care“.

Ist Tontechnik Männersache?

Männer sind Männer, Frauen sind Frauen, und mit Musik oder Tontechnik hat das zunächst mal herzlich wenig zu tun (Dass „Männer“ und „Frauen“ hier nur die beiden häufigsten Identitäten dastellen, können wir ein andermal diskutieren). Wie 11k2-Fans wissen, mag ich Musik, Tontechnik und Gerechtigkeit – auf das Video des Musikers, Produzenten und Youtubers Benn Jordan bin ich durch Zufall gestossen, als ich mich durch seinen Kanal hangelte. Ja wirklich, ich arbeite seit vielen, vielen Jahren im Pro Audio, und habe nur in Berlin und Zürich weibliche Audio Engineers kennengelernt, und auch dort nur einzelne. Hier im süddeutschen Prosperitätsgürtel kenne ich gar keine. Warum?

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Wie man sexuelle Gewalt bekämpft

Ausgerechnet die schottische Polizei hat die bisher beste Kampagne gegen sexuelle Übergriffe aufgestellt. Dabei geht es nämlich nicht um Selbstverteidigungskurse oder Kleidungstipps für Frauen, sondern um Männer, die männlich sein oder wirken wollen und deswegen zu Gewalt und Belästigung greifen: don’t be that guy. (via pinkstinks)

Mel ist zurück

Mel ist mein favourite Männermagazin (besser als fancy-schmancy GQ usw) und war ein paar Monate weg, weil der corporate Sponsor ausgestiegen war. Jetzt haben sie einen neuen und posten, was das Zeug hält, und was Männer interessiert. Also Dinge wie „Männer berichten von Belästigung durch Zusendung unverlangter Tit Pics“, „Warum jede Farm im Süden der USA in ein Sklaverei-Museum umgewandelt werden sollte“, „Warum Paul Verhoevens Starship Troopers die Zukunft vorausgesagt hat“, „Der andere Drogenkrieg: Gefälschtes Viagra“ oder „Warum manche Frauen beim Sex ihren BH tragen“. Also so ähnlich wie Vice oder Buzzfeed, nur weniger trashig. Ernst-hafter. Erfahrene 11k2-Leser (m/w/d) wissen, wie ich das alles meine. Aber lest selber: mel magazine

Wann ist man als Mann nicht Teil des Problems?

Alexandra Stanic schreibt gerade im Vice einen guten Kommentar zum Identitäts­problem fortschrittlicher, progressiver oder eben politisch links stehender Männer. Tatsächlich ist es für manche schwer vorstellbar, Teil des Problems zu sein, nur weil man ein Mann ist. Exakt. Damit ist man Teil der Problemgruppe und steht in der Verantwortung, sich zu distanzieren. Vom Patriarchat. Dem man gar nicht angehören möchte. Dem man per angewachsenen primären Fortpflanzungsorganen aber angehört, ausser, man tut sehr nachdrücklich etwas dagegen. Ja, richtig. Ich bin Teil des Patriarchats, also ist es mein Job, es zu zerstören. Wie auch gegenüber dem Kapitalismus habe ich sowohl eine individuelle Handlungsoption, nämlich mich möglichst wenig daneben zu benehmen, und dazu eine gesellschaftliche, nämlich die Rechtfertigungstheorien des Patriarchats anzugreifen, wo immer es sich zeigt. Nein, ich will keinerlei Unterdrückung oder Ungleichbehandlung dulden. Das Pic ist von John Henry Frederick Bacon und pd.

Was ist, wenn Sexismus auch Männer umbringt?

Gamergate ist fünf Jahre her, und hat jetzt sein erstes prominentes männliches Todes­opfer: Alec Holowka, Mitentwickler des sehr schönen 2D-Adventures Night in the Woods, hat sich das Leben genommen, weil er die öffentlichen Vorwürfe von Missbrauch und Aggression gegenüber Frauen nicht mehr ertrug. Wieviele Frauen in der Spieleindustrie wegen genau solchen männlichen Verhaltens Suizid versucht haben, wissen wir nicht. Ich rate mal: Tausende. Eigentlich ist es ausserordentlich anerkennenswert, dass in der Gaming- und teilweise der Entertainment-Industrie solche Probleme überhaupt öffentlich diskutiert werden. Viele andere Gesell­schafts­bereiche drücken sich davor. „Was ist, wenn Sexismus auch Männer umbringt?“ weiterlesen

Was sagt der Koran wirklich über den Hijab?

Samina Ali wurde in Indien geboren und lebt heute in den USA. Die Autorin wurde bekannt als Aktivistin im islamischen Feminismus. Für viele von uns, die sehr an das Patriarchat gewöhnt sind und die Ausflüchte verinnerlicht haben, Unterdrückung von Frauen sei eine Sache von Religionen und nicht von Männern, ist „islamischer Feminismus“ ein unverständlicher Begriff. Richtig: „christlicher Feminismus“ wäre genau so unverständlich, weil wir im Grunde Feminismus oder Gleichstellung und Gleichberechtigung als zivilisatorische Errungenschaft des „Westens“ ansehen. Und das ist wiederum altes koloniales Denken, von dem wir uns dringend befreien müssen. Frau Ali erklärt hier in knapp 18 Minuten, was wirklich im Koran steht, was es mit Bekleidung und Verschleierung auf sich hat, und was das Patriarchat (also einige wenige maskulinistische Extremisten und ihre vielen Mitläufer) daraus gemacht haben. Meinen Respekt: So deutlich bekommt man das selten erklärt. Eins noch: Nachdem wir das erklärt bekommen haben, ist es unsere gesellschaftliche Aufgabe, gegen die Männlichkeitsfundamentalisten aufzustehen und Position gegen das Patriarchat zu beziehen. Überall dort, wo wir es antreffen.

Der Traum der Fischerin

Yushi Li stammt aus China, lebt in London, studiert am Royal College of Art und fotografiert ihre Tinderdates. Nackt, beim essen, im Bad. Und enthüllt dabei Klischees wie im Titelfoto „Der Traum der Fischerin“, das sich auf den alten japanischen Tentakelsex-Holzschnitt „The Dream of the Fisherman’s Wife“ bezieht. Im Erklärvideo unten beschreibt sie einige ihrer Begegnungen mit „Wir haben es für die Kunst gemacht“. Nein, nicht das. Fotos. via mefi „Der Traum der Fischerin“ weiterlesen

Gilette macht weiter alles richtig

So geht Marketing im 21sten: Das aktuelle Video vom Rasiererspezialisten Gilette zeigt einen jungen Mann, dem sein Vater das Rasieren beibringt. Der junge Mann war früher eine junge Frau und hat das deswegen bisher nicht gelernt. Entsprechend kocht die Wut der Maskulisten hoch und die Procter&Gamble-Tochterfirma erhält kostengünstig ein noch moderneres Image. Zu recht, wie ich finde.

Frauenrechte: Saudi-Arabien vor USA

Nicht in allen Punkten, und nicht in allen Bundesstaaten. Aber die US-Staaten Alabama und Georgia, beide enorm christlich motiviert, haben Abtreibungsgesetze, die Frauen weniger Luft zum Atmen und Gelegenheit zur freien Entscheidung geben, als Saudi-Arabien, der düsterste Teil unserer arabischen Schwesterkultur. In Ländern wie dem Iran, Syria, Palestina, den Emiraten oder Irak ist sind Leben und Gesundheit der Frau ebenso gültiger Grund für einen Schwangerschaftsabbruch wie erlittene Gewalt, in Tunesien oder der Türkei ist die Selbstbestimmung über einen Abbruch in den ersten drei Monaten völlig frei, danach entscheiden Gesundheitsaspekte. In den oben genannten, besonders christlichen Bundesstaaten ist es übrigens Musliminnen nicht möglich, auf die hier frauenfreundlichere Scharia zu verweisen; das wird durch neue Gesetze eigens ausgeschlossen, wie die israelische Tageszeitung Haaretz am Wochenende berichtete. via quartz, pic rawpixel cc0

Was wir schon immer über Venus wissen wollten

Machen wir uns nichts vor: Gillette ist ein Unternehmen, das möglichst viel Profit machen will. Genauso wie die anderen Teile des Konzerns Procter & Gamble, zu dem die Rasiererfirma gehört. Allerdings haben sie in letzter Zeit durch unge­wöhn­liches Marketing Aufsehen erregt, so wie im Video „We Believe: The Best Men Can Be“ (siehe unten), das die Männlichkeit als Werbevehikel für Rasierer von ihrer toxischen Seite trennt – sehr zum Missfallen vieler Typen, die sich dadurch auf die Zehen getreten fühlen. „Was wir schon immer über Venus wissen wollten“ weiterlesen

Übrigens: A woman’s place is in the resistance

Wobei wir uns einig sein sollten, dass sie es auch da schwerer hat, weil sie sich ebenfalls gegen die Reste des Patriarchats durchsetzen muss. Trotzdem. Unser gemeinsamer Widerstand gegen Unterdrückung, Diskriminierung, das Imperium in jeder Form darf nicht aufhören. Im Übrigen ist das nur meine Meinung und alle Menschen sollen bitte selber entscheiden, wo ihr Platz ist. Aber das Plakat ist schön. Just saying.

Aus weiblicher Sicht

Die kanadische Designerin Ghazaleh Rastgar gestaltet Illustrationen und Animated Gifs (s. unten), die unsere Welt und ihre Problemzonen (viele davon entlang der Genderunterschiede) wie Sex, Liebe, Selbstbestimmung aus Sicht einer Frau zeigen. Für einfache, in der Vorstadt geborene Jungs wie mich beeindruckend. „Aus weiblicher Sicht“ weiterlesen