Chat Pile: God’s Country

Die Berge von Splitt und Abraum, die seit der Gewinnung von Blei und Zink vor 100 Jahren ganze Landstriche der USA vergiften, stellen einen sehr malerischen Band-namen: Chat Pile. Entsprechend beschäftigt sich die Band mit den Abgründen des Kapitalismus. Im Track „Why“ schreit der Sänger über die krachenden Drums und stählernen Gitarren: Warum? Warum müssen Leute im Freien schlafen? Wir haben die Mittel und die Möglichkeiten, Obdachlosigkeit zu verhindern. Warum tun wir das nicht? Hört euch auf bandcamp an, wie beeindruckend Noise Rock in den 2020s klingen kann. Mehr noch als in seinem Ursprungsjahrzehnt, den 1990s.

Finanztrend 2021: Hedge-Fonds kaufen Immobilien in Massen

Es war abzusehen, jetzt passiert es: Durch den ungezügelten, neoliberalen Kapital-ismus unserer Tage sammelt sich immens viel Geld in den Händen weniger, aber ohne renditesichere Anlagemöglichkeiten. Ausser, es gelingt, einen Markt zu cornern, also so viel von einem Produkt oder einer Ressource aufzukaufen, dass man die Preise diktieren kann und massive Gewinne einfährt. Genau das macht Blackrock (hierzu-lande vertreten durch korruptionsnahe Polit-Profiteure wie Friedrich Merz) jetzt in den USA, und kauft ganze Neubaugebiete auf. Nicht nur einzelne Häuser. Damit wird der Immobilienmarkt weiter verengt und die Häuser und Wohnungen werden anschlies-send Wohnungssuchenden zu massiv vergoldeten Mietpreisen angeboten. Win-Win. In Deutschland haben Immobilienkonzerne wie Vonovia, Deutsche Wohnen etc die Gunst der Stunde genutzt, als in den 90ern die Regierung Kohl (in Zusammenarbeit mit ihrer Bundestagsfraktion) die Sozialwohnungen verkaufte, was zu einer heftigen Inflation der Wohnkosten führte. Heute steigen erste US-Finanzjongleure in diesen Immobilienmarkt ein, die Folgen werden wir zu spüren bekommen. Was kann man da machen? Gesetze. Wir müssen ein Parlament und damit eine Regierung wählen, die dafür sorgen, dass Immobilien keine Goldgrube mehr sind, sondern in erster Linie zu Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum dienen. Dazu haben wir im September Gelegenheit. Viel Glück uns allen. via washington post, junge welt, pic peggy marco cc0

Die Golden Girls, einfach die bessere Religion

Leute glauben an die wildesten Dinge. Unsichtbare bärtige Männer im Himmel, Flugzeugkondensstreifen mit bewusstseinsverändernden Regierungschemikalien drin, der Islam bringt uns alle um, der Kapitalismus ist von der Natur vorgegeben… diese Liste könnte ich fast endlos weiterführen. Ja, Onkel Karl hat ganz richtig gesagt, Religion sei Opium für’s Volk. Völlig korrekt. Aber noch präziser hat das Onkel Bonaparte formuliert, indem er erklärte: Religion ist das, was die Armen davon abhält, die Reichen zu ermorden. Mal zu den Fakten: „Die Golden Girls, einfach die bessere Religion“ weiterlesen

Die Wahrheit über den Kapitalismus, aus italienischer Sicht

Politische Street-Art aus Rom: Blu ist seit 15 Jahren damit beschäftigt, Häuserwände mit den korrekten Farben zu versehen. Aktuell zeigt er uns mit „Capita“, wie ein bunter Wasserrutschenpark genau einen Weg zum Pool des Luxus hat, für die Elite des Landes, dazu eine für die Dienerschaft und Polizei und schliesslich mehrere in grau verlaufende Röhren, die Mitglieder der arbeitenden Klasse in eine grünlich schimmernde Abfallgrube werfen. Wir pittoresk, wie wahr. pic/klick/grösser

Wann muss man beide Seiten hören?

Iceland (wie der Inselstaat am Polarkreis) ist ein britischer Gefriernahrungsvertrieb und Supermarkt, der das Video oben zum Jahresendfest veröffentlichen wollte. Das Video über Palmöl und Urwaldzerstörung wurde ursprünglich von Greenpeace produziert und von Iceland lizensiert. Die für die TV-Werbung in Britannien zu­stän­dige Behörde verbot die Ausstrahlung, weil der Inhalt zu politisch sei. Ach ja? Man darf unbegrenzt Werbung für den Kapitalismus machen, aber diesen nicht kriti­sieren? Euer Ernst, Briten? Zur Klärung möchte ich noch dazufügen, dass Kapi­tal­ismus und freie Marktwirtschaft nicht dasselbe sind, das wird gerne missverstanden. Im Gegenteil, der Kapitalismus ist ein Trick, aus der Produktivwirtschaft Profite heraus­zuleiten und sie woanders hin zu bringen, wo sie nicht wirtschaftlich produktiv sind, sondern nur weitere Profite für einige Wenige erzeugen. Im konkreten Fall wohl die Shareholder und Investoren von multinationalen Nahrungsmittelkonzernen. guardian

Was die Wähler wollen: Weniger Asylpanik, mehr Sozialpolitik

In der vergangenen Woche wurden von Infratest Dimap über 1000 Wahlberechtigte befragt, was sie eigentlich wirklich von unserer politischen Vertretung wollen. Ergebnis: Kaum jemand ausser ein paar Propagandaopfern und Rechtsradikalen will noch was von dieser Asyl- und Islampanik hören, und zwar mit weitem Abstand. Wichtig ist den Leuten dagegen eine Lösung für die wirklich akute Pflegekrise, dass wir zuwenig Geld für Schulen ausgeben, dass die Mieten zu hoch sind, dass die Energiewende so schleppend voran geht. Aber warum kümmern sich unsere ge­wählten Vertreter nicht mehr um diese Probleme? Weil das alles nicht ins kapi­tal­istische Weltmodell passt und den Interessen derjenigen Gruppen entgegensteht, die für den Grossteil der Partei- und Wahlkampfspenden verantwortlich sind. Ja, ok, dann müssen wir eben mehr anti-kapitalistische Parteien wählen, um bessere Schulen, bessere Kraftwerke, bessere Pflege zu bekommen.

Stephen Hawkings Warnung an die Welt

Die warnenden Worte stehen in einem Ask-Me-Anything-Thread auf Reddit. Ein Reddituser fragte nach dessen Meinung zur Bedrohung unserer Arbeitsplätze durch den technischen Fortschritt. Der gerade verstorbene grosse Wissenschaftler Stephen Hawking antwortete:

„Wenn Maschinen alles herstellen, was wir brauchen, wird die Situation davon bestimmt, wie wir die Dinge verteilen. Alle Menschen können ein Leben in luxuriöser Freizeit geniessen, wenn der von Maschinen produzierte Reichtum geteilt wird, oder aber die meisten Menschen enden in katastrophaler Armut, wenn die Besitzer der Maschinen sich erfolgreich gegen die Verteilung des Reichtums stemmen. Bisher scheint die Entwicklung in Richtung der zweiten Option zu verlaufen, wobei die Technologie die Ungleichheit immer weiter verschärft.“

Die Frage ist jetzt, ob wir es schaffen, diese Entwicklung umzukehren, um den unermesslichen Wohlstand der Technisierung für alle verfügbar zu machen. Nur darum geht es gerade: Demokratisieren wir die durch Automation beschleunigte Wirtschaft, oder enden wir in einem dunklen, techno-feudalen Zeitalter?

reddit via boingboing

Die Bildungs-Lüge

Bildung garantiert beruflichen und privaten Erfolg. Bildung löst alle wirtschaftlichen und kulturellen Probleme. Wir hatten gerade Bundestagswahl und die Vertreter so gut wie aller Parteien erzählten uns genau das. Tun sie sonst auch, weltweit, nur vor Wahlen besonders enthusiastisch. Nun haben Soziologen in den vergangenen Jahren in mehreren grossangelegten Studien (dh viele Teilnehmer bzw untersuchte Fälle) untersucht, wie denn nun wirklich der Zusammenhang zwischen erworbener Bildung und später erzieltem Einkommen aussieht. Überraschung: „Die Bildungs-Lüge“ weiterlesen

Die gefühlt unerschütterliche Macht des Kapitalismus

„Wir leben im Kapitalismus. Seine Macht erscheint unentrinnbar. Genauso wie das göttliche Vorrecht der Könige.“ Ursula K. LeGuin, die wahrscheinlich wichtigste SciFi-Autorin unserer Zivilisation, wurde gestern 88. Cheers! Das Zitat stammt aus ihrer Rede zum US National Book Awards, den sie 2014 für ihr Lebenswerk erhielt. In dieser Rede sagte sie weiter: „Alle Macht der Menschen kann von Menschen aufgehalten und verändert werden. Widerstand und Veränderung beginnen oft in der Kunst, und sehr oft in dieser Kunst, der Kunst der Worte.“ Das ist es, wofür wir Schriftsteller und andere Künstler brauchen: Widerstand gegen Macht. Alle andere „Kunst“ ist nur Dekoration und Unterhaltung. huffpo, pic unbekannte quelle

Der Kapitalismus, ein Papiertiger

Die heutige weltweite wirtschaftliche Situation hat unübersehbare Nachteile: Armut für die einen, BurnOut für die anderen. Die lachenden Dritten erhalten die Profite daraus. Kann man das ändern? Muss man dann den Sozialismus einführen? Ist dann alles wie damals in der Sowjetunion? Mal ausführlich und der Reihe nach: „Der Kapitalismus, ein Papiertiger“ weiterlesen

Ben Frost ist nicht tot

Ich bin sehr glücklich darüber, dass Pop Art doch nicht tot ist. Weil sie einen wert­vollen Kommentar zur Assimilation unserer Kultur durch den Kapitalismus bildet. Letzterer, für die zögerlicheren Denker (was ja keine Schande ist) unter meinen Lesern, ist nicht dasselbe wie Wirtschaft, sondern ein Missbrauch davon. Ben Frost hatte vor einigen Jahren eine Ausstellungsreihe mit dem Titel „Ben Frost Is Dead“. Jetzt hat er eine Serie von Illustrationen aus dem popkulturellen Zusammenhang (zB Comics) auf Fastfood-Papptüten gemalt. Was ebenfalls einen grossartigen Kommentar liefert. Bonus: Adolf Simpson und Mickey Pharma. „Ben Frost ist nicht tot“ weiterlesen

Die Redneck Revolte gegen Faschismus und Kapitalismus

In den nach wie vor überwiegend agrarisch geprägten USA blüht derzeit eine neue Bewegung auf: Redneck Revolt. Mit dem Wort Rednecks meinen wir heute eher so etwas wie Landeier oder Hillbillies oder eben Spiesser von weiter draussen, die dem urbanen Leben eher hilflos gegenüberstehen, aber eigentlich bezeichnete das Wort ja mal Leute, die so arm und/oder ungebildet sind, dass sie Tag für Tag im Freien arbeiten müssen und deshalb einen von der Sonne geröteten Nacken haben. Die mangelnde Bildung, das enge, religiös und rassistisch geprägte Weltbild sind gratis mit dabei. Bisher zumindest. „Die Redneck Revolte gegen Faschismus und Kapitalismus“ weiterlesen

Was wir unbedingt noch von Martin Luther King lernen müssen

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Der schon 1968 ermordete (sonst wäre er gestern 88 geworden) us-amerikanische Civil-Rights-Sprecher King prägte nicht nur Sätze wie „Ich habe einen Taum“, der sich prima neben den anderen Indianerweisheiten ans Ikearegal powerstrippen lässt (rückstandsfrei abziehbar), sondern viel deutlichere Aussagen über unsere Gesellschaft, die wir als privilegierte weisse Weststaatenbewohner dringend lernen müssen. Dazu gehören: „Was wir unbedingt noch von Martin Luther King lernen müssen“ weiterlesen

John Carpenter erklärt „Sie leben“, und disst Nazis

Der 1988er SciFi „Sie leben“ („They live“) zeigt uns sehr schön eine Welt hinter dem Alltag, die man im Film nur mit einer Spezialbrille enthüllen kann. Dann allerdings sieht man, dass wir von totenschädelgesichtigen Aliens beherrscht und durch Befehle hinter den bunten Werbeplakaten unserer Städte („obey!“, „consume!“) gesteuert werden. Wunderbar unterhaltsam, eine direkte künstlerische Reaktion auf die Reagan-Ära und eine tolle Blaupause für Weltverschwörungstheorien dazu. Die von US-Nazis gerne benutzt wird, um eine jüdische Weltverschwörung herbei zu fantasieren. Solange, bis dem Altmeister der Kragen geplatzt ist: „THEY LIVE is about yuppies and unrestrained capitalism. It has nothing to do with Jewish control of the world, which is slander and a lie.“ Heute, auf Twitter. Bravo!

via io9, oben der Trailer.

Darf Satire wirklich alles?

charliehebdo_prv-300x381Nach der künstlichen Auf­regung um Böhmer­manns neuesten Medien­coup (Stichworte „Erdo­gan“, „Ziegen­ficker“) sorgt die Satire­szene für den näch­sten Skandal: Das fran­zösische Magazin Charlie Hebdo präsentiert auf dem Cover der aktu­ellen Aus­gabe eine ge­zeichnete Soli­dar­itäts­demonstration von zig­arrenrauchenden und/oder wohlgekleideten Personen, die Schilder tragen mit Aufschriften wie „Ich bin Panama“, „Keine Angst“ oder „Sie werden unseren Lebensstil nicht ändern“. Wie damals zum An­schlag auf die Redak­tion. „Darf Satire wirklich alles?“ weiterlesen